Willkommen
Schwäbisch-Alemannisches Brauchtum
Mythologie, Sagen und Legenden
Geschichte und Archäologie
=> Die alemannische Schweiz
=> Von der Ethnogenese des Alemannischen
=> Eine Erzählung über die keltische Zeit
=> Oberschwaben in der Spätantike
Philosophisches
Treffen, Termine und Veranstaltungen in BW
Firner Situ e.V.
Weitere Verweise
Impressum und Kontakt
Oberschwaben in der Spätantike
Oberschwaben in der Spätantike
Von den Briganten zu den Lentinsern

Oberschwaben (Im engeren Sinne das Dreieck Bodensee / Alpen, Donau, Iller - im witeren sinne auch das Allgäu und Mittelschwaben bis zur Lech-Grenze) war in antiker Zeit ein von Quell-Flüssen durchzogens Hochland voller Moore, Seen, Auwälder, Sümpfe und Urwälder. Rodungsinseln und günstige Einzellagen boten begrenzten Siedlungsraum, in einer ansonsten siedlungsarmen, und unzusammenhängenden Kulturlandschaft - Dünn besiedelt also.

Siedlungsschwerpunkte waren unter anderem das nördliche Bodensee-Ufer, der hügelige Linzgau, das Federseegebiet mit Bussen, die Albhöhen und Albhänge  an der Donau.

Um etwa 112 v. Chr noch Hinterland des Helvetier-Reiches gibt es für Oberschwaben zu Beginn des 1. Jahrh. v. Chr. eigentlich nur 2 Optionen :

1. Das Land zwischen Donau (mit Nordgrenzen Ehingen, Ulm) und Iller gehörte zu einem selbständigen Verband der Briganten / Brigantier, deren Siedlungsschwerpunkt am Bodensee und im angrenzenden Linzgau lag, womit sie ihr Einflußgebiet also bis 35 Km an die mutmaßliche Hauptstadt des Helvetier-Reiches (Opidum Heidengraben) vorgeschoben hätten - sehr mutig wie ich das fände

2. Dieses "Hinterland gehört zum Helvetischen Einflußgebiet, egal ob dann auch der Bodensee mit den Briganten dazu gehörte oder nicht - ich meine wer von der Alb herab den Main kontrolliert, der kontrolliert auch sein Hinterland bis zum See.

Eine dritte Option gibt es für das dünn besiedelte Oberschwaben angesichts dieser Kräftverhältniss um 100 v. Chr nicht.

NACH 100, als das Helvetier-Reich durch den Kimbernzug zusammenbrach, waren die Briganten immer noch da. Es stießen zwar vindelikische Stämme ins nördliche Donaugebiet nach, aber wie sich die Stammesgrenzen im einzelnen bis zum Erscheinen der Römer um 15. v. Chr ausgestaltet haben wissen wir nicht.

Wir wissen nur, daß um 15. v. Chr. die Briganten den Römern am Bodensee eine Schlacht schlugen, und dabei als "Vindeliker" bezeichnet wurden - sich also zu diesem Zeitpunkt als Teil jener Stammesgruppe betrachteten.

Wichtig sind hier nun Funde auf dem Bussen, wo ein spätlatene-zeitliches Heiligtum ergraben wurde, daß wohl schon zur Helvetierzeit bestand, aber eben auch in gallo-römischer Zeit noch Bestand hatte - dort wurden nun Scherben gefunden, die eher nach Süden weisen als nach Norden - also Brigantiereinfluß.

Das ergibt auch insofern Sinn, da die Brigantier am Bodensee, sei es nun als selbständiger Stamm oder als Vasallenstamm der Helvetier mit deren nahen Hauptstadt mit absoluter Sicherheit regen Handel trieben - und das Durchzugsgebiet Oberschwaben allein schon aus rein wirtschaftlichen Gründen für die Brigantier von Interesse war. Ob deren Gebiet dann auch um 15.v. Chr. tatsächlich bis zur Donau oder gar bis auf die ersten Albhöhen ging (Obermarchtal - Munderkingen - Ehingen - Ulm), also die Donau gegenüber den Leuni die Grenze bildete ist nicht sicher, aber Flüße und Höhenzüge bildeten nun mal die markanten Grenzmarken der antiken Völker.

Auf der Stammeskarte ist das Gebiet der Briganten freilich noch weiter vorgeschoben, diese Okkupation erfolgte durch die personelle Zusammensetzung der Briganten unseres Stammtisches

Die Besetzung Oberschwabens war bis 14.n. Chr abgeschlossen, zu diesem Zeitpunkt bildete die Donau also die Reichsgrenze, Die Alb selbst (z.B. Kreise Alb-Donau nördl. der Donau, Reutlingen, Heidenheim, Ostalbkreis) lag noch gut 70 Jahre außerhalb der römischen Verwaltung, die keltischen Stämme DORT, unterstanden also nicht der römischen Verwaltung, gehörten  jedoch gleichwohl zu den vindelikischen Stämmen.
Dieses Gebiet im unmittelbaren Vorland der römischen Grenzen, steht unter römischem Einfluß, die kulturellen Vorgänge dort, sind jedoch diffus, so fand man neben keltischem Kulturgut auch elbgermanische Zeugnisse.

Erst die Vorverlegungen der Grenze durch die Errichtung des Limes, bezog dieses Gebiet seit 74 n. Chr mit ins Reich ein, also fast 100 Jahre später als zum Beispiel der Süden Oberschwabens.

In der gallo-römischen Zeit 15 v.Chr - 256 n. Chr. änderte sich an der Bevölkerungsstruktur nur wenig - sie wurde halt weitgehend romanisiert, und kulturell durch die ausländischen Truppen die dort stationiert waren beeinflusst.

In Zusammenhang mit dem großen Alemanneneinfall des Jahres 259/260 wurde dann jedoch der Limes aufgegeben und Oberschwaben spätestens mit der Errichtung des Iller-Donau-Limes wieder Teil des "Barbaricums" , der nun alemanischen Welt jenseits der Reichsgrenzen.

Was sich genau zwischen 260 und 355 in Oberschwaben ereignete liegt im Dunkeln. Wieviel von der bisherigen Bevölkerung blieb oder wieviele abwanderten, wie stark der Zuzug alemannischer Verbände war - das alles ist unbekannt. Tatsache ist, daß sich in den knapp 100 Jahren in einem Gebiet, das von Schaffhausen, Baar, Hegau, Bodensee bis hinauf zur Ulmer Donau und zum Iller-Limes erstreckte eine zusammenhängende Macht herausbildete, die im Jahr 355 n. Chr. quasi mit einem Paukenschlag auf die historische Bühne trat - Die Alemanni Lentienses.

Mit einer vollkommen überraschenden Mannschaftsstärke, die auf eine Bevölkerung zwischen 240.000 und 400.000 Menschen schließen lässt, bilden die Lentienser eine der stärksten Gruppen im gesamten alemannischen Kulturraum, vor allem aber - sie haben einen König.

Ganz im Gegensatz zum den zahlreichen, und schnell wechselnden (da wahrscheinlich gewählten)  Heer-Fürsten der alemannischen Welt am Oberrhein, muss sich hier also was völlig anderes ereignet haben, und es muss relativ straff organisiert sein, um das vergleichsweise riesige Gebiet als Macht zu einen, und riesig musste es sein, um bei der herrschenden dünnen Besiedlung so große Heerstärken zu erzeugen.

Das Zentrum dieses Gebietes wird auf Grund der Landschaftsnamen im heutigen Linzgau und am Bodensee vermutet, was ziemlich im Zentrum zwischen seiner Süd-Westgrenze (Hegau) und Nord-Ostgrenze (Ulm) läge. Eines seiner Heiligtümer lag jedoch bemerkenswerter Weise wieder auf dem Bussen, wo neben dem schon erwähnten  spätlatenezeitlichen Heiligtum auch ein suebisch-alemanisches Heiligtum ergraben wurde - eine solche sakrale Kontinuität ist in der alemannischen Welt eher einmalig. Häufiger dagegen ist die Tatsache, daß sich die alemannische Landnahme oft durch eine Übernahme von Elementen der keltisch / gallo-römischen Vorkultur kennzeichnet, so bei der Übernahme Landschaftsnamen in den eigenen Sippen-Namen oder Stammesbegriff - Brisigavi, Lentienses, Rätovari.

Ulm bildete zu diesem Zeitpunkt den Angelpunkt des Iller-Donau-Limes – erst dort wurde die Donau wieder zur Römischen Reichsgrenze. Da die alemannischen Rätovarier in den Raum Nördlingen – Aalen – Heidenheim lokalisiert werden, dürfte auch der Alb-Donau-Kreis nördlich der „barbarischen“ Donau zu ihrem Einflußgebiet gehören, südlich lagen die Gaue der Lentienser, östlich der Iller saßen die Sippen-Verbänder der Juthungen (Semnonen).

Über die Bevölkerungstruktur dieses Königreiches (wenn man das Lentiensergebiet denn so nennen will), wissen wir nichts, ob sie kelto-alemannisch zu nennen ist oder eher gallorömisch-alemannisch, hängt weitgehend von der „Re-Barbarisierung“ der Vorbevölkerung ab, für Britannien oder Noricum sind solche Entwicklungen des kulturellen Rückfalls nach Abzug der Römischen Macht gut belegt. Oberschwaben war aber viel dünner besiedelt, auf dem Gebiet der Lentienser hat es auch zu römischer Zeit nie eine stadtähnliche Siedlung gegeben, die sich quasi als Residenz eignen konnte, früher hat man daher vermutet, daß der Herrschaftsmittelpunkt des Lentiensergebietes vielleicht sogar am oberen Neckar im eroberten Arae Flavia lag (Rottweil liegt ja nur unweit der Baar-alb und des Hegaus).  

Auf Grund der archäologischen Funde gerät Weingarten bei Ravensburg jedoch immer mehr in den Fokus eines solchen Herrschaftsmittelpunktes – Der Kern eines herausragend reichen Gräberfelds und der "Martinsberg" bilden hier eine West-Ost-Achse, weshalb zu vermuten ist, dass sich ein alamannisches Heiligtum auf dem Martinsberg befand. Die Funde gehen bis ins frühe 5. Jahrh, zurück (als um 400 n. Chr.) und lassen durch ihren Reichtum zudem auf einen alamannischen Herrensitz schließen – dessen fast mythische Bedeutung durch alle folgenden Jahrhunderte hindurch den Ort Altdorf  (der alte Name für Weingarten) zum einem bleibenden Herrschaftsmittelpunkt Alemanniens und später Schwabens erhob. Vergleichbares ist auf dem Gebiet der Lentienser bisher nicht zu finden - Hier hat eine gewichtigen Macht aus der Zeit der Lentienser überdauert und seinen Schatten bis weit in die mittelalterliche, schwäbische Geschichte geworfen - so lange keine größere Ausgrabung auf dem Gebiet der Lentienser gemacht wurde, darf hier auch der Königssitz des 4. Jahrh. vermutet werden.

(Der Besuch des Alemannen-Museums Weingarten ist für jeden Alemannen ein Muß)

Sicher unterschied sich dieses alemannische Königreichs-Gebilde in einigen wesentlichen Punkten von den Gau-strukturen der alemannischen Nachbarschaft, seine Organisation dürfte in wesentlichen Teilen auf die vorhandenen rätischen Struktur aufgebaut haben, doch Gefolgschaft, Sprache und Sozalsruktur waren alemannisch dominiert (das sieht man schon an den frühen alemannischen Gräberfeldern von Weingarten). Wiesdo aber ausgerchnt Hier die Herrschaft eines alemannischen "Rexorum" entstehen konnte, bleibt letztlich im Dunkeln.

Wie auch immer - Zunächst nur für ihre Überfälle auf die rätische Restprovinz des Römischen Reiches berüchtigt, stößt ein Heerzug von 40.000 - 70.000 unter König Priarius im Jahr 378 über den Oberrhein nach Gallien, wo er allerdings gegen Kaiser Gratian dann Schlacht und Leben verliert.

Interessant ist, was der Chronist Ammianus Marcellinus an Details dieser Begebenheiten bereit hält - Das Vorspiel beginnt 377, als Kaiser Gratian in Bregenz weilt, von wo er die Aufstellung der für den bedrohten Ostkaiser Valens bestimmten weströmischen Hilfstuppen koordiniert. Dort muss der Plan dann durch einen Lentienser in der kaiserl. Garde über die unmittelbare Grenze hinweg an König Priarios gepetzt worden sein - Daraufhin läuft die lentiensische Kriegsmaschine an um das ungesicherte Gallien zu plündern.

Auf ihren Rückzug über den Rhein, entziehen sich die Lentienser der hartnäckigen römischen Verfolgung laut dem Ammianus M. immer wieder durch "sehr gute Ortskenntnisse" und liefern auf ihrem Weg nach Osten den Verfolgern über Wochen hinweg immer wieder Rückzugsgefechte um schließlich in ihren eigenen "Gauen" doch vor dem Kaiser zu kapitulieren, wodurch sie für die kommenden etwa 50 Jahre zur Heerfolge für Rom verpflichtet wurde. Wo das genau war wird nicht gesagt, aber „wochenlang Ostwärts“ bedeutet wenigstens Bodenseeraum.

Da von einem lentiensischen Königtum danach nicht mehr die Rede ist,  haben diese Ereignisse des 4. Jahrh. aller Wahrscheinlichkeit nach  zu einem Zusammenbruch der Zentralgewalt geführt,, und zum Zerfall des lentiensischen Gebiete in regionale Gaulandschaften unter lokalen Gau-Fürsten, wie sie in einzelnen Landschadftsnamen bis Heute überdauert haben.

Um 451 n. Chr erobern lentiensische Verbände Bregenz, danach dehnt sich ihr Machtbereich in die Nordschweiz aus ohne daß noch der Name Lentienser fällt – ab dieser Zeit ist nur noch der Name „Alemannen geläufig, eine Entwicklung, die sich fast zeitgleich auch bei den Juthungen vollzog.

Besondere Bedeutung erlangt Oberschwaben und der Bodenseeraum, nach den Niederlagen der nördlichen Alemannen gegen die Franken (496, 506). Als der Norden des alemannischen Kulturaumes nach 506 endgültig  unter fränkische Oberhoheit fällt, stoppt der Ostgotenkönig Theoderich d. Gr. den fränkischen Vormarsch, indem er die alten Rätischen Grenzen zum ostgotischen Interessengebiet erklärt, und die dort lebenden südlichen Alemannen unter seinen Schutz stellt, worauf viele Nordalemannen in dieses Gebiet fliehen, wobei die Bevölkerzungsstruktur nachhaltig verändert wird.

Noch bis 537 n. Chr. verblieb das südliche Alemannien als Protektorat unter Ostgotischem Schutz, dann wurde es an die Franken abgetreten, aber auch dann befindet sich die alamannischen Gaue der Landschaft noch bis weit ins 7. Jahrh. nur in einem mehr oder weniger losen Vasallen-Status zur fränkischen Hoheit, wobei unter Umständen sogar die alten Eide zur Heeresfolge noch weiterbestanden, da jenes süd-alemannische (man könnte auch sagen lentiensische) Heer unter Butillin und Leuthari um 560 den Ostgoten ja schon unter fränkischer Oberhoheit zu Hilfe kam.

In dieser Zeit  festigen sich dort eigene Herrschaftsstrukturen, die weitgehend auf die alten lentiensischen aufbauen – so entstehen die beiden großen „Baar-Gebiete, auf ehemals lentiensischem Gebiet, als eine einmalige, die alten Gaustrukturen durchbrechende Form des großräumigen alemannischen Herrschaftsgbietes, deren Fürstendynastien fortan die alemannischen Geschicke unter fränkischer Herrschaft bestimmen – Schwerpunkte dieser alemannischen Dynastien aber sind, wie schon zur Zeit der Briganten, neben Hegau und Baar-Alb der Bodensee, und das Bussengebiet – und dort hält sich das alten Heidentum strukturell  auch noch bis ins 8. und sogar 9. Jahrhundert.

Aktuelle Mondphase

Heute waren schon 7 Besucher (12 Hits) hier!
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden