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Die alemannische Schweiz

Die Schweiz ist ein Land mit vielen Kulturen. Jedes Tal und jedes Dorf kennt seine eigenen Bräuche und Sagen und hat seinen eigenen Dialekt – die “heidnische Schweiz” ist von einer ungeheuren kulturellen Vielfalt, die auf eine reiche Geschichte verweist: Immer wieder gelangten neue Völker in das Alpenvorland, brachten ihre Traditionen mit und vermischten sich mit den Einheimischen.

 

Die letzte grosse Einwanderung fand vor über 1500 Jahren statt, als Bauernkrieger aus Nordeuropa südwärts zogen und am Rand der Alpen ihre Heimstätten errichteten. Im Laufe der Jahrhunderte stiessen diese Alemannen bis in die entlegene Täler Savoyens vor. Heute ist die alemannische Sprache vom Elsass und dem Schwarzwald bis nach Norditalien verbreitet. Je weiter südlich man kommt, desto altertümlicher sind die Dialekte und die Lebensweise: Das Tiitsch der italienischen Walser ist ähnlich archaisch und komplex wie das Isländische.

Einwanderer

Die Wurzeln der alemannischen Kultur reichen zurück in die römische Zeit. Im dritten Jahrhundert zogen Kriegerverbände aus Nordeuropa an den Rhein, wo sie von den Römern als Söldner eingesetzt wurden. Diese Krieger stammten aus germanischen Stämmen. In diesen Gesellschaften konnte jeweils nur ein Sohn den Hof des Vaters übernehmen. Die überzähligen Söhne heuerten in Gefolgschaften an, um in der Fremde ihr eigenes Glück zu machen. Meist gingen sie im Sommer auf Kriegsfahrt und verbrachten den Winter bei ihren Familien im Norden. Später begannen die Verbände, in Mitteleuropa zu überwintern. Schliesslich zogen die ersten Siedler in die verwilderten Gebiete nördlich des Limes, um dort mit ihrem struppigen Vieh ein neues Glück zu versuchen.

In den ersten Jahrhunderten lebten sie ein einfaches Leben. Sie bauten ihre Höfe in waldigen und bergigen Gebieten, die von den Einheimischen zuvor kaum genutzt worden waren. Man lebte von Haferbrei, Milch und Käse. Wie in ihrer regnerischen Heimat im Norden widmeten sie sich vor allem der Viehzucht: Je mehr Rinder ein Mann sein eigen nannte, desto reicher war er. Die „überzähligen“ Söhne, die keinen Hof erben und deshalb auch nicht heiraten konnten, verdingten sich weiterhin als Söldner. So wurden die Alemannen zu den Wikingern Mitteleuropas: Während andere Stämme wie die Franken oder die Burgunder sich an das städtische Leben gewöhnten und moderne Staaten errichteten, pflegten die Alemannen weiterhin eine rauhe Lebensweise und verbreiteten bei ihren Nachbarn Chaos und Schrecken. Im Jahr 496 setzten die Franken dem Treiben ein Ende: Sie besiegten die Alemannen und zwangen ihnen den christlichen Glauben auf.

Heidenchristen

Mit zweifelhaftem Erfolg: Noch hundert Jahre später trafen christliche Mönche auf heidnische Alemannen, die Wuodan zu Ehren grosse Bierfeste feierten. Die breite Bevölkerung kam erst wohl ab dem 7. Jahrhundert mit dem christlichen Glauben in Kontakt. Mit Frömmigkeit, wie wir sie heute kennen, hatte das Heidenchristentum der Landbevölkerung aber noch lange nichts zu tun. Der mittelalterliche Volksglaube war eher mit den Voodoo-Kulten zu vergleichen, welche afrikanische Sklaven Jahrhunderte später in der Neuen Welt entwickelten: Eine bizarre Mischung aus heidnischem Geisterglauben und christlichen Heiligenlegenden, kirchlichen Segnungen und archaischen Toten- und Fruchtbarkeitsbräuchen, tief verwurzelt im magischen Weltbild der vorchristlichen Zeit.

In den abgelegenen Tälern der Alpen erhielt sich die Lebensweise der Alemannen bis ins Mittelalter: Als Kirche und Feudalherren in Konflikt mit den Innerschweizern gerieten, trafen sie auf eine Gesellschaft, die wie ehedem aus freien Bauern bestand, die sich ihre Gesetze in der Landsgemeinde selber gaben und deren Jugend sich in Tierfelle gehüllt im Zustand heiliger Raserei in die Schlachten stürzte. Sie sollten sich im Laufe der Jahrhunderte zum Rückgrat der frühen Eidgenossenschaft entwickeln. Die Erinnerung an die Einwanderung aus dem Norden spielte dabei eine bedeutende Rolle: Noch im 18. Jahrhundert erzählten Bergbauern Besuchern aus Schweden, dass ihre Vorfahren in einer Zeit grosser Not aus dem Norden an den Alpenrand gezogen seien…

Nord und Süd

Auch wenn die Einwanderer viele nordeuropäische Traditionen in den Alpenraum gebracht hatten, blieb das alte galloromanische Erbe dennoch lebendig. Viele der ersten nordischen Einwanderer verstanden sich gleichzeitig als Mitglieder ihrer germanischen Stämme und als Bürger des römischen Reiches, in dessen Legionen viele Alemannen dienten und dabei wohl auch mit mediterranen Kulten und Gebräuchen in Kontakt kamen.

In den ersten Jahrhunderten existierten die verstreuten alemannischen Weiler neben alten keltischen Dörfern und römischen Städten. Im Laufe der Zeit vermischten sich die Neuankömmlinge mit den Einheimischen. Dabei flossen auch heidnische galloromanische Traditionen in das Brauchtum ein: So wurde auf der Schauenburgfluh bei Basel noch vor wenigen Jahrzehnten am ersten Maisonntag zu Sonnenaufgang ein grosses Feuer entfacht - bei den Ruinen eines gallorömischen Tempels, der auf den Sonnenaufgang des 28. Aprils ausgerichtet ist…

Damit ist die alemannische Kultur aus der Verschmelzung von nordischen und südländischen Einflüssen entstanden. So spielt der Wein, ein kulturelles Erbe der mediterranen Welt, im der alemannischen Brauchtum eine grosse Rolle. Manche Traditionen, wie der Kuhreihen und der Alpsegen, magische Gesänge zum Schutz des Viehs, die erst in der Neuzeit ein christliches Gewand erhielten, verraten ihren Ursprung durch das keltische Wort Loba (Kuh). Bräuche wie die Maskenumzüge zu Mittwinter sind dagegen eng mit altnordischen Traditionen wie dem Julbukke verwandt.

In späteren Jahrhunderten wurde Volksglauben und Kultur auch von „fahrendem Volk“ beinflusst: Roma, aus ihren Städten vertriebene Juden und verarmte Landlose verbreiteten Sagen und magische Bräuche. Noch heute gehen viele „traditionelle Tänze“ auf die einstige „Zigeunermusik“ zurück, und so manches bodenständige Mundartwort hat seinen Ursprung in der jiddischen Sprache.

Wandel und Berharrung

Die wechselvolle Geschichte der letzten 17 Jahrhunderte überlebten die alemannischen Traditionen mit einer eigentümlichen Mischung aus Wandelbarkeit und Beharrung: Immer wieder lebten sie in einem neuen Kontext auf, änderten ihre Gestalt, aber nicht ihr Wesen. Uralte Überlieferungen, wie sie etwa in den alpinen Mittwinterbräuchen weiterleben, wurden über Jahrhunderte gelebt, gleichgültig ob die Menschen sich als Bürger des von einem Gottkaiser regierten römischen Reiches, als mittelalterliche Katholiken oder als moderne Weltbürger von heute verstanden. So erstaunt es nicht, dass der Anblick eines Funkenfeuers oder eines Treichelzugs noch heute bei vielen Alemannen ein mystisches, heiliges Gefühl auslöst.


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