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Riesen - Dürsten, Enzen,Gügen
Dürsen

Der Dürst

Einstmals, vor gar alten Zeiten, lebte im Entlibuch [Entlebuch], im Luzerner Hinterlande, eine schöne und reiche Tochter. Aber so schön und reich sie war, die Leute mochten sie doch nicht leiden, da sie ein wildes, unweibliches Leben führte. Statt wie andere Jungfrauen im Hauswesen tätig zu sein und sittsam und züchtig, wie es einem schmucken Mägdlein wohl ansteht, über Steg und Weg zu wandeln, pfiff sie durch die Finger ihrem Hund, stieß dann ins Horn und ging schon am frühen Morgen auf die Jagd in die Bergwälder. Entsetzt flohen der Hirsch und selbst der grimme Wolf vor ihr, wenn sie tobend und jauchzend mit ihrem Jagdspeer in den Wald einbrach und ihr Hund dabei kläffte, daß es allerorten ein Echo gab. Am schlimmsten aber war es, daß die wilde Maid nicht einmal den Sonntag mehr heiligte. Während andere Leute zur Kirche gingen, wenn die Glocken riefen, griff sie zum Speer und rannte mit ihrem Hund in den Wald, um die armen Tiere, die doch vom Sonntag auch einige Ruhe erwarten durften, zu Tode zu hetzen. Nie sah man sie in eine Predigt oder in eine Messe gehen. Die Leute aber schüttelten die Köpfe und sagten, das könne kein gutes Ende nehmen, denn wenn man nicht tue wie die Leute, so ergehe es einem auch nicht wie den Leuten. Gewiß hole die frevelhafte Jungfrau noch einmal der Dürst, wenn er nachts im Sturmwind durchs Land jage.

Eines Tages, es war gerade der Heilige Abend, klopfte es an dem großen Hause an, wo die jagdlustige Jungfer wohnte. Als man nachsah, wer denn am Heiligen Abend noch Einkehr halten wolle, stand ein junger, schlanker Ritter vor der Pforte und bat um Nachtherberge, da er morgen mit der Tochter des Hauses, die man im Tal ihrer Wildheit wegen nur die Sträggeln nannte, eine fröhliche Pirsch abhalten wolle. Die Knechte und Mägde im Hause erschraken ob diesen Worten, aber sie mußten den späten Gast einlassen, da er ein gar feiner Ritter zu sein schien.

Die wilde Sträggeln aber empfing ihn mit Hallo, und als er sagte, er liebe die Jagd wie sie über alles, wurde sie gar hellauf. Also beschlossen sie, zusammen am nächsten Morgen, als am Morgen des heiligen Christfestes, eine Wolfsjagd in den nahen Bergwäldern zu unternehmen. Zwar fiel es der Jungfer doch auf, daß der schlanke Ritter nicht sagen wollte, woher er komme, aber sie dachte nicht lange darüber nach. Die Hauptsache war ihr, daß sie einen so hübschen und flinken Weidgesellen für die morgige Wolfshatz gewonnen hatte.

Als nun am Morgen die Glocken im Tale das heilige Weihnachtsfest feierlich einzuläuten begannen, ging das Volk von allen Seiten her zur Kirche. Der Ritter stand am Fenster und sah es wohl. Grell auflachend sagte er zur Jungfer: "Lassen wir die Leute zur Kirche laufen. Komm, wir wollen lieber das lustige Weidwerk treiben!"

Und sogleich machten sie sich polternd und lachend zum Hause hinaus, mit Speer und Bogen wohl ausgerüstet und begleitet von dem großen, kläffenden Rüden. Scheu wichen die Kirchgänger dem wilden Paare aus und schauten mit bedenklichen Augen den Frevlern nach, die, unbekümmert um den heiligen Tag der Geburt Christi, den Wäldern zutollten und bald darin verschwanden.

Es dauerte gar nicht lange, so war die Sträggeln mit ihrem Genossen im dichten Bergwald. Eben wollte sie ihren Wurfspieß nach einer mit ihren Jungen aufspringenden Rehgeiß schleudern, da packte ihr seltsamer Jagdgefährte ihren erhobenen Arm und sagte mit einer todkalten Stimme und mit Augen, die wie Feuer brannten: "Mein Wild habe ich erjagt. Du hast auf das eigene Gewissen nie gehört; du hast gegen Gott gefrevelt! Nun bist du mein und sollst wie ich fürderhin der Menschen Schrecken sein." Jetzt reckte er sich empor und wuchs und wuchs zum Riesen auf, und mit Entsetzen erkannte die Jungfrau, daß sie der wilde Dürst geholt hatte. Ach, wie schrie sie auf, wie gerne wäre sie jetzt zur Kirche geeilt! Doch es war zu spät. Unaufhaltsam wuchs der Jäger neben ihr, und, o Schrecken, auch ihre Glieder begannen sich zu strecken und zu recken, auch sie wuchs gespenstig empor und wuchs dem fürchterlichen Jäger nach, der schon über die Tannen hinausragte. Auch der kläffende Rüde neben ihr wuchs rasch zum Ungeheuer heran. Und auf einmal fing der wilde Dürst an, über Berg und Tal wegzustürmen, daß das Wild des Waldes in Todesängsten überall aufstob. Die Sträggeln aber trieb eine unsichtbare Gewalt ihm nach, und kläffend jagte der Riesenhund hinterdrein. Also fuhren sie mit Hallo wie ein Sturmwind im Land herum. Die Leute aber, die noch Überweg waren, sahen erbleichend den Umgang der Riesengestalten, und sie sahen auch, wie sie beim ersten Hahnenschrei gegen die Gadenmatt stürmten und wie sich dort ein flammender Abgrund auftat, in dem sie spurlos versanken. Als nach dem heiligen Tag die Jungfer nicht mehr heimkehren wollte und die Kunde von dem seltsamen Umgang des wilden Dürst im ganzen Lande herumging, wußten die Leute, was sie zu denken hatten: der Dürst hatte die Sträggeln geholt, und nun mußte sie mit ihm nachts auf die wilde Jagd bis zum Jüngsten Tage. Noch lange nachher, wenn's in sternenhellen Winternächten ums Haus tobte, sahen sie die Riesengestalten mit ihrem Hund über die Hausdächer hinwegstürmen. Und wenn irgendwo eine Glocke ertönte, so hörten sie die Sträggeln-Jungfer stöhnen. Der Dürst aber stieß dann wilder ins Horn, also daß sich die gewundrigen Leute schreckensbleich unter den Bettdecken verbargen.

Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915


Enzen

Vom Inselberg

Vor alters schrieben manche seinen Namen Heunselberg und wollten ihn von den Heunen, Hünen, ableiten, andere Emsenberg, weil ein Flüßchen, die Emse, nahe seinem Gipfel entspringe; näher kamen die, so ihn Einzelberg nannten, weil sein hohes Haupt über alle seine Nachbarberge vereinzelt emporragt, ja häufig erscheint es wie eine Insel über dem Nebelmeere, das rings um seinen Gipfel flutet, wie sein Haupt sich zuerst über der Flut erhoben, die einst ganz Thüringen bedeckte. Über ihn dahin zieht die alte Hochstraße, der Rennsteig, Rennsteg, Rennweg, Rinneweg, der über das ganze Thüringer Waldgebirge viele Meilen weit sich erstreckt. Es geht die Sage, daß jeder Landgraf von Thüringen diesen Weg mit seiner Ritterschaft reiten mußte, sobald er die Regierung Thüringens angetreten hatte. Nahe dem Inselberg haben in alten Zeiten Bergleute vom Harz den Bergbau begonnen und Orte angebaut, deren Namen eigentümlich fremdländisch klingt: Tabarz, Cabarz, und mögen wohl Einwanderer von weither auch andere Bergorte im Schoß des Waldgebirges begründet haben, die in Sprachlauten und Trachten sich von den eigentlichen Thüringern merklich unterscheiden. Viele Venetianer sind nachderhand in das Gebirge gekommen, welche die Leute Erzmännerchen und Walen nannten, die haben manch reichen Schatz hinweggetragen, denn im Inselberggraben, im Bärenbruch, im Ungeheuern Grund, an der Schönleite und weiter hin nach der Ruhl zu, in der Ruhl, dem Flüßchen, und sonst, auch im Backsteinsloch, gab es Goldsand, obschon minder viel als in Kalifornien, doch hat er manchen reich gemacht. Seit die Walen dagewesen sind, findet man nichts mehr.

Quelle: Ludwig Bechstein, Deutsches Sagenbuch, Leipzig 1853

Enzilochmannen http://www.karnoeffelzunft.ch/cms/_database/content/html/karnoeffelzunft-hauptseite/brauchtumsfiguren.shtm

Der Große Inselsberg (auch Großer Inselberg ? früher südlich des Rennsteigs die gebräuchlichere Schreibung ? oder Mons Insularis) (916,5 m ü. HN) ist ein markanter und vielbesuchter Berg des Thüringer Waldes. Er gehört nach dem Großen Beerberg (982 m), dem Schneekopf (978 m) und dem Großen Finsterberg (944 m) zu den höchsten Bergen Thüringens. Der Inselsberg ist vulkanischen Ursprungs und ist ein Quarzporphyr-Härtling, der aus den weicheren Schichten des umliegenden Rotliegenden herausgewittert ist. Erstmalig wurde der Berg als Enzenberc im Jahr 1250 erwähnt. Um 1650 ließ Herzog Ernst der Fromme von Gotha den Berg erschließen.

Gügen

Brünhildes Helliaritt

Bemerkung:
Sunnenlied 51.

Riesen

Riese leitet sich von ahd. rîsan sich erheben ab vgl. engl. to rise

Der dumme Riese und das kluge Schneiderlein

In der alten Zeit, als die Zwerge noch wie Ameisen in den Wäldern herumliefen, gab es auch noch gewaltige Riesen, die eine heillose Kraft hatten.

Einmal trafen sich im Luzerner Hinterland zwei gewaltige Riesen. Sie wünschten sich so laut einen guten Tag, daß die Flühe ein vierfaches Echo davon geben mußten. Und nun beschlossen sie, sie wollten zusammen wandern, bis sie einen dritten Riesen fänden. Als Wanderstäbe hatten sie mächtig große Eisenstangen. Lange zogen sie im Land herum, ohne daß sie den dritten Riesen zu entdecken vermochten. Bei diesem Hin- und Herwandern kamen sie auch einmal auf den Schrattenberg im Entlibuch [Entlebuch]. Da packte der eine einen hervorstehenden Block an der Felswand, riß ihn los und schleuderte ihn in die Tiefe. Jetzt fing in der Tiefe jemand zu schimpfen und zu fluchen an, und auf einmal kam ein mächtiger Kopf mit bürstendicken Haaren hinter der Felswand herauf. Das aber war ein Riese, den der abstürzende Felsblock auf die Stirn getroffen hatte, ohne ihm auch nur eine Schramme zu machen. Jetzt freuten sich die zwei andern Riesen, daß sie den dritten gefunden hatten, und so zogen sie miteinander fürbaß und machten sich die Zeit mit allerlei Späßen kurzweilig.

Einst wollten sie schauen, wer mit seinem Kopf eine dicke Felswand aus Nagelfluh zu durchbrechen vermöchte. Sie stellten sich also vor der Felswand auf. Dann nahm der erste einen mächtigen Anlauf und fuhr mit dem Kopf auf die Wand los wie ein wütender Ziegenbock. Also gewaltig war der Anprall, daß ein großes Stück von der Nagelfluhwand herabrollte. Aber der zweite lachte nur, und dann schoß er mit seinem mächtigen Schädel auf die Felswand zu, und zwar so gewaltig, daß es ein Loch in der Wand gab, worin er den halben Kopf verbergen konnte. Doch der dritte lachte erst recht und fuhr mit fürchterlichem Anlauf wie ein wildgewordener Stier auf die Felswand los, also daß er mit dem Kopf durch die Wand hindurchfuhr bis an die Schultern. So hatten sie glücklich ein Loch in die harte Nagelfluhwand gepufft und wollten nun in den Kanton Bern hinüberschauen. Aber der Riese, der das Loch in die Wand gestoßen hatte, konnte den Kopf nicht mehr zurückbringen, denn ein gewaltiger Stein war ihm aufs Genick gefallen, also daß er elend erstickte. Das betrübte die beiden andern Riesen sehr, und sie zogen wieder weiter. Aber bald nachher starb der eine, man weiß nicht warum, und so blieb nur noch ein Riese im Entlibuch übrig. Dieser aber ward deswegen so zornig, daß er schwur, den ersten Menschen, der ihm begegne, umzubringen.

Eines Tages hockte er an einem Grabenbord und schaute den Weg entlang. Da sah er einen kleinen Schneider daherkommen. Wütend stand er auf und faustete ihm gewaltig entgegen. "Du kommst mir gerade recht", rief er, "ich will dich wie einen Tannenzapfen an die Bäume hinaufhängen."

Dem Schneiderlein ward es übel zumute bei dem Anblick des gewaltigen Riesen, allein er ließ nichts merken und rief, so laut er vermochte: "Ja, komm nur her, ich fürchte dich nicht; ich bin so stark wie du!"

< als="" nun="" der="" schneider="" bei="" dem="" riesen="" stand,="" hob="" einen="" zentnerschweren="" stein="" wie="" ein="" laubblatt="" vom="" boden="" auf="" und="" verlangte="" gebieterisch,="" daß="" ihm="" das="" nachmachen="" solle,="" wenn="" er="" doch="" so="" stark="" sei="" er.
"Oho", sagte der Schneider, "so einen zentnerschweren Stein aufzuheben, das ist mir viel zu wenig, ich kann noch viel mehr. Ich kann den härtesten Kieselstein zwischen meinen Fingern zerreiben."

Der Riese sperrte das Maul auf wie ein Ofenloch, als er das hörte und dabei den kleinen Kerl von einem Schneider ansah. Doch wunderte es ihn selber, ob so was möglich sei. Rasch las er einen großen Kieselstein auf und drückte ihn in der Faust. Aber wie er ihn auch drückte, der Kiesel blieb unerweichlich und ließ sich weder zerdrücken noch zerreiben. "Ei du Wicht, du lügst!" brüllte der Riese den Schneider an, "das kannst du auch nicht!" Aber das Schneiderlein bückte sich flink zur Erde und tat, als wollte es einen Kieselstein auflesen, griff aber behend in seinen Schnappsack, worin ein Ball weißer Zieger lag. Den nahm er flugs heraus, ohne daß der Riese es merkte, und dann erhob er sich wieder und zerdrückte und zerrieb vor dessen Augen den Ziegerballen also, daß das Wasser heraustroff. Da bekam der Riese vor dem Schneiderlein einen Heidenrespekt. Er hielt ihn jetzt für einen würdigen Reisegefährten und lud ihn ein, mit ihm in der Welt herumzuziehen.

So wanderten sie zusammen in die Welt hinaus. Zuletzt gelangten sie in eine große Stadt, wo der König einen Palast hatte. Allein in dem Palast war eine große Hoftrauer, denn gerade, als der Riese und der Schneider ankamen, sollte die schöne Tochter des alten Königs einem Drachen zur Beute werden. Bisher war es nicht gelungen, die Stadt von diesem Ungeheuer zu befreien, das seine Höhle in der Nähe der Stadt hatte. Und wenn sie dem Drachen nicht jeden Tag einen Menschen zum Auffressen auslieferten, erschien er selbst und wütete so, daß sie froh waren, ihm täglich wenigstens nur einen Menschen übergeben zu müssen. Wen aber das Los traf, den mußten sie ausliefern, selbst wenn es das vornehmste Kind war. So hatten sie's zusammen bei Eid und Ehre ausgemacht. Der König hatte bekanntmachen lassen, daß er demjenigen, der den Drachen töte, seine Tochter samt dem Reich überlassen werde.

Wie nun der Riese das hörte, sagte er zum Schneider: "Wie wär's, wenn wir zwei Starke den Drachen umbrächten?" Da dachte der Schneider: Du hast die Kraft und ich die List, wir könnten es wohl probieren. Laut aber sagte er: "Ei freilich, wir zwei wollen's schon wagen, wir sind Manns genug." So zogen sie zum alten König und ließen ihn wissen, daß sie den Drachen ermorden und die Stadt befreien wollten. Der König war froh, als er den Riesen sah, denn er dachte, dem möchte es am Ende doch gelingen, den Drachen zu bestehen. Wie er aber auch den Schneider erblickte, mußte er lachen und sagte: "Ja, hat dich denn die Katz' nicht gefressen?" Doch der Schneider machte sich nichts daraus, er dachte sich seinen Vers, und also wollten sie miteinander gegen das Ungeheuer ausrücken. Der Riese sollte einen mehrere Zentner schweren Hammer und der Schneider eine ebenso schwere Zange tragen, womit sie dem Drachen zu Leibe wollten.

< als="" aber="" das="" schneiderlein="" die="" schwere="" zange="" sah,="" sagte="" es="" zum="" riesen,="" er="" solle="" nur="" vorausgehen="" und="" einstweilen="" hammer="" tragen,="" müßte="" sich="" noch="" schuhe="" einnesteln.="" so="" trampte="" der="" riese="" mit="" auf="" dem="" buckel="" voraus,="" da="" einen="" ausgiebigen="" schritt="" hatte,="" war="" bald="" aus="" stadt="" schon="" weit="" wege="" zur="" drachenhöhle,="" ihn="" schneider="" endlich="" einholte.="" wie="" ihm="" ungeheure="" auflegen="" wollte,="" fing="" an,="" von="" speise="" zu="" reden,="" riesen="" am="" liebsten="" war,="" reisbrei.="" hörte,="" spitzte="" langen="" ohren="" begann="" lippen="" abzulecken,="" wasser="" lief="" im="" munde="" zusammen,="" denn="" wußte="" den="" reisbrei="" gar="" süß="" machen.="" dachte="" nicht="" mehr="" an="" trug="" beides="" allein,="" bis="" sie="" drachenhöhle="" gelangten.
Hier hielten sie nun Kriegsrat, wie sie das Ungetüm anfassen könnten. Nach langer Beratung kamen sie überein, der Riese müsse den Drachen mit dem Hammer aus dem Nest jagen, und der Schneider müsse sich vor die Höhle stellen und ihn flink mit der Zange packen, sobald er herausfahre.

Der Riese ging also mit dem Hammer in die Höhle hinein. Das Schneiderlein ließ die Zange sein und blieb mitten vor der Höhle stehen, denn es wollte zuschauen, wie der Riese dem Drachen zu Leibe gehe. Aber ehe nun der Schneider zur Seite springen konnte, schoß der Drache schon heraus, schnappte ihn wie eine Fliege weg und verschluckte ihn. Doch schon war auch der Riese hinter dem Drachen her und schlug dem Greuel mit dem Hammer den hörnernen Schädel ein, so daß er alsbald darniederlag und verendete, worauf der Riese den Schneider noch lebend aus dem Bauche des Ungeheuers herausschnitt.

Als aber der Schneider wieder im Lichte stand, sagte der Riese zu ihm, er hätte bald den ganzen Handel verdorben, und nur ihm allein habe es der König zu verdanken, daß die Stadt vom Drachen befreit sei: deshalb wolle er aber auch die schöne Königstochter und ihr Reich allein für sich haben. "Was", schrie das Schneiderlein den Riesen an, "du blähst dich so auf? Hättest du mich nur machen lassen. Wisse, ich bin mit Absicht in den Drachen hineingeschlüpft, denn ich wollte das Ungetüm von innen heraus umwenden, wie man einen Handschuh umwendet. Also wäre ich dann von dem lebendigen Drachen begleitet in der Königsstadt eingezogen." Der Riese, der das alles willig glaubte, ließ es daher zu, daß der Schneider sich mit ihm beim König als Drachentöter vorstellen durfte. Sie gingen mitsammen vor des Königs Palast, und der Riese legte den toten Drachen vor den Thron und verlangte nun, daß der König sein Versprechen halte und ihnen die Königstochter und sein Reich überlasse. Das wollte nun der König schon tun, aber er wußte nicht, welchem von beiden er die Tochter und das Reich geben sollte. Er ließ die Hofräte kommen.

Und als sie zwei Tage und drei Nächte lang darüber nachgedacht hatten, ließen sie feierlich erklären, daß sie auch keinen Rat wüßten. Da schüttelte der König den Kopf und ward unwillig. Da saß er nun schön in der Klemme, denn weder der Riese noch der Schneider wollten auf sein Reich und sein schönes Töchterlein verzichten. Aber als allen von dem vielen Nachdenken der Verstand stillstand, sagte auf einmal der Schneider: "Herr König, wißt Ihr was, der soll der Glückliche sein, der von uns am meisten Reisbrei essen kann!"

Das gefiel dem Riesen gar wohl, denn nun dachte er das geringe Schneiderlein, das wohl nicht viel zu fassen vermochte, mit Leichtigkeit zu besiegen, um so mehr, als ja der Reisbrei seine allerliebste Speise war. Er mochte es kaum erwarten, bis man auf des Königs Befehl eine Schüssel voll Reisbrei, so groß wie ein Berg, vor sie hin stellte.

Jetzt begann das Wettessen. Der Riese werkte mit seinem hölzernen Löffel drauflos, als müsse er einen Schneeberg abtragen. Aber wie staunte er, als das Schneiderlein ebenfalls tapfer dreinlangte und mit Essen nicht aufhören wollte, als er selber schon lange alle Knöpfe an der Weste hatte auftun müssen. Und endlich brachte er keinen Löffel, kein Körnchen mehr hinunter, während der Schneider immer noch munter fortaß, als hätte er erst eben angefangen. Da legte der Riese schwer schnaufend den Löffel weg, denn er meinte platzen zu müssen, und also erklärte er sich für besiegt.

Bald danach hielt der Schneider mit der schönen Königstochter Hochzeit und bekam als Morgengabe das ganze Reich dazu. Der Riese aber blieb in der Stadt und wollte durchaus wissen, wie das Schneiderlein es fertiggebracht habe, so viel mehr Reisbrei zu essen als er selber. Da der Schneider den Riesen doch fürchten mußte, wenn er ihm die Wahrheit sagte, und weil er ihn gerne für immer losgeworden wäre, gab er ihm an, er habe während des Essens den vollen Bauch aufgeschlitzt, und so hätte er essen können, solange es ihm beliebt habe. Das leuchtete dem dummen Riesen ein, und er beschloß, das Mittel auch bei sich anzuwenden, denn er hätte gerne acht Tage lang ohne Aufhören Reisbrei gegessen. Als er aber eines Tages Reisbrei aß und sich dabei den Bauch aufschnitt, fiel er tot vom Stuhl, wodurch der Schneider und sein Reich für immer von dem Riesen befreit wurden. Wie man nun den Riesen begrub, schaute der Schneider mit seiner Frau zum Fenster hinaus zu und sagte ihr leise ins Ohr: "Weißt du, warum ich so viel Reisbrei zu essen vermochte? Ich tat den Reisbrei immer in einen großen Sack hinein, den ich um den Hals gehängt hatte." Da lachten sie zusammen den dummen Riesen aus. <><>

Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915


 Hammerwurf

Die drei uralten Kapellen bei Scheflersheim, Oberwittighausen und Grünfeldhausen wurden von Riesen erbaut, welche die großen schweren Steine dazu in ihren Schürzen herbeitrugen. Als das erste Kirchlein fertig war, warf der Baumeister seinen Hammer hoch durch die Luft. In einer Entfernung von etwa zwei Stunden fiel er zu Boden, und hier wurde das zweite Kirchlein errichtet. Darauf wurde der Hammer wieder durch die Luft geworfen. Er flog wiederum etwa zwei Stunden, und wo er auf die Erde fiel, da entstand das dritte Kirchlein. In der Kapelle bei Scheflersheim wird noch eine der mächtigen Rippen eines Riesen aufbewahrt.


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